Besuch im Coca Museum von La Paz mit vielen Infos rund um Coca und Kokain. Hexenmarkt und Llamaföten. Fahrt nach Copacabana am Lago Titicaca.

Reise­bericht ­Bolivien 2003
La Paz – Teil 2

Nach einem phantastischen libanesischen Mittagessen setzte sich Carmen ab und ich ging ins Coca-Museum. Unter https://www.cocamuseum.com/ findet Ihr ein paar Infos dazu, unter anderem gibt es auf der Einstiegsseite ein nettes Bild von El Tio und einem Minenarbeiter. Hier eine Zusammenfassung der interessantesten Punkte:

Coca Blätter
Coca Blätter

Geschichte: Der Gebrauch von Coca Blättern ist schon uralt, die Inkas haben sogar Gehirnoperationen unter Coca-Betäubung durchgeführt. Nach der Eroberung durch die Europäer wurde das Zeug erstmal von der Kirche verboten, als man aber entdeckte, dass die versklavten Minenarbeiter um ein vielfaches effektiver waren, wenn sie Coca kauten, änderte sich das ganz schnell. Ein Minenarbeiter verbraucht bis zu 380g Cocablätter pro Woche.

Gebrauch: Nach meinen neuen Infos ist es doch notwendig, Natriumbikarbonat (Bica) zu verwenden, da im Mund ein alkalisches Klima herrschen muss, um das Kokain aus den Blättern zu lösen. Also in den Mund, etwas ankauen, um die Zellwände etwas aufzubrechen, weichen lassen, dann Bica dazu und los geht’s. Auch nicht zu sparsam sein, die Leute hier laufen ständig mit einer Backe rum, als hätten sie einseitigen Monster-Mumps. Im Museum wurden auch Coca-Bonbons verkauft und ich habe eins so bekommen. Geschmack schon besser, auch einfach in die Backe geschoben, aber Wirkung mal wieder nichts gespürt. Wenn all diese Infos stimmen, dann ist das Trinken von Tee (da gibt’s kein Bica) so wirkungsvoll wie heißes Wasser. Aber die Blätter sollen ansonsten recht gesund sein, viele Nährstoffe und Vitamine. Mit den neuen Infos bin ich jetzt fast versucht, es nochmals richtig zu probieren, aber der Geschmack stößt mich dann doch ab und wenn man richtig viel davon nimmt, dann stinkt man auch ordentlich aus dem Mund.

Wirkung: Das ganze entspricht einem sehr langsamen und kontrollierten Kokainkonsum. Die Arbeitskraft steigt nicht, aber man wird nicht so schnell erschöpft, die Ausdauer steigt. Bei Arbeit an der Belastungsgrenze steigt der Sauerstoffverbrauch wesentlich langsamer als bei Nicht-Konsumenten. Außerdem wird der Körper dazu angeregt körpereigene Fettreserven zu verbrauchen, der Blutzuckerspiegel ist deutlich konstanter als bei Nichtkonsumenten, bei denen der Spiegel bei harter Arbeit bedrohlich absacken kann. Also, Frauen, die abnehmen wollen, sowie Diabetiker ran ans Coca …

Gewinnung von Kokain: Aus ca. 320 Kilo Kokablättern wird ein Kilo Coca-Paste gewonnen, hauptsächlich dadurch, dass man das Ganze mit Kerosin und einigen Säuren in einen Bottich schmeißt und dann irgendeinen armen Hilfsarbeiter stundenlang mit nackten Füßen in der Pampe herumlaufen lässt. Diese Paste entspricht ungefähr Crack, ist extrem giftig und macht extrem abhängig. Bolivien exportiert hauptsächlich dieses Zwischenprodukt, dass dann in irgendwelchen Küchenlabors gesäubert wird, bis daraus dann ein einigermaßen sauberes Kokain geworden ist. Bis alles fertig ist, kostet die Herstellung eines Kilogramms so um die 3000 Dollar.

Verwendung: Außer dem hiesigen Coca-Blatt-Konsum und dem weltweiten Kokain-Konsum (50% davon in den USA) wird einiges in der Medizin verwendet, z. B. produziert Deutschland jährlich um die 146 Kilo, die USA 500. Laut den Infos hier basieren insbesondere die lokalen Betäubungen beim Zahnarzt auf Kokain oder dem halb so wirksamen künstlich hergestellten PROCAIN. Dann ist da aber noch unsere allseits beliebte Coca Cola. Zwischen 1894 und 1914 enthielt das Zeug tatsächlich Kokain, aber auch heute noch werden Coca-Blätter für den Geschmack verwendet.

So, genug davon, hier gibt’s nämlich noch mehr seltsames Zeug, zum Beispiel kann man für den Hexenbedarf getrocknete Llama-Föten kaufen. Nette Vorstellung, wenn ich eines dieser 30cm Dinger meiner Mutter als Reisemitbringsel übergeben würde …

getrocknete Llama-Föten in einem Hexen-Shop in La Paz
Llama Föten, wozu man die wohl verwendet? Mir sagte nun jemand, dass in jedes bolivianische Haus ein solcher Fötus eingemauert wird. Das soll Glück bringen. 

Am nächsten Morgen sollte es nach Copacabana an den Lago Titicaca gehen. Da ich auf Grund der Höhe nicht richtig schlafen konnte, bin ich wenigstens früh aus dem Bett gekommen. Zufälligerweise habe ich in der Hotellobby zwei Bekannte getroffen, die auch nach Copacabana wollten und nur darauf warteten, abgeholt zu werden. Ich schaffte es, mich einzuklinken und eine halbe Stunde später waren wir auf dem Weg.

Im Bus überlegte ich es mir anders, ich wollte doch gleich nach Puna in Peru, und Copacabana erst auf dem Rückweg machen. Aber es kam anders, denn in Copacabana wurde uns mitgeteilt, dass die Strecke nach Peru von protestierenden Campesinos blockiert wird (wahrscheinlich wegen der Einschränkungen im Coca-Anbau). Also bin ich erstmal hier und habe mir um den Nachmittag zu überbrücken ein kleines Segelboot gemietet. Nach nicht einmal einer Stunde in dem selbstgebauten Kahn habe ich es aber aufgegeben, denn es war unmöglich, gegen den Wind zu kreuzen, Höhe zu machen (Für die Nicht-Segler unter Euch: das ist extrem wichtig, sonst kann man nämlich immer nur vom Wind wegfahren und kommt nie wieder da an, wo man losgefahren ist.).

Lago Titicaca
Lago Titicaca

Morgen geht’s also zur Isla del Sol, dem Ort, wo der Inkalegende nach, die Menschheit (oder zumindest das Volk der Inkas) geboren wurde. Voraussichtlich bleibe ich da eine Nacht und dann muss ich ganz dringend raus aus Bolivien, da mein Visa abläuft … ich hätte nie gedacht, dass ich einen ganzen Monat in diesem Land verbringe.

Beste Grüße aus Copacabana, Bolivien

Volker

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