Rafting bei Salta. Vergebliche Suche nach Dollars. Mit dem Bus über Quiaca nach Bolivien. Sicherheitsgefühl Dank Machete. Reiten in Tupiza: Gestreckter Gallop am Abhang.

Reise­bericht 2003
Von Argentinien nach Bolivien

16. Februar 2003

Liebe Freunde,

am Freitagabend sind Priti und ich nochmals all die Eindrücke und Erlebnisse der letzen 10 Tage durchgegangen, es ist unglaublich, was wir alles erlebt haben. Ich hoffe, dass Euch meine Berichte einen vagen Eindruck vermitteln können. Über dem Nacherleben und -erzählen ist es spät geworden und ich musste entsprechend am nächsten Morgen ohne ordentliches Frühstück zum Rafting, mein erstes Mal. Es ging zwei Stunden mit dem Shuttle in den Süden von Salta, dann gab es eine kurze Einweisung in Sicherheit und Kommandos (“Remos arriba!” = Ruder hoch in die Luft und LAUT schreien), dann ging es los. Ich war der einzige Nicht-Agentinier im Trupp. Die erste Etappe (das Ganze läuft unter der Schwierigkeitsbezeichnung “Grad 3”) war sehr harmlos und ich war schon enttäuscht, aber nach einem kurzem Snack ging es dann doch zur Sache, war aufregend, spannend, witzig, anstrengend und vor allem NASS. Es war also ein Erlebnis, wer Näheres wissen will, kann bei http://www.saltarafting.com/ vorbeisehen, da gibt es auch Photos. Ach ja, außerdem gab es noch ein paar versteinerte Dinosaurier Fußstapfen, aber wenn interessiert es schon, wer vor ein paar Millionen Jahren irgendwo langgegangen ist.

Eine kleine Info exklusiv für die deutsche Version dieses Berichts: Im Shuttle habe ich im Radio Falkos Kommissar gehört und etliche NDW-Hits in englischer Versionen, von denen ich nicht einmal wusste, dass sie existieren … fand ich sehr witzig…

Mein Aufbruch nach Bolivien wurde dann doch etwas stressig. Meine Reiseerfahrung beginnt, mich nachlässig mit der Planung werden zu lassen. Ich saß beim Abendessen, als ich mir das erste Mal die Mühe gemacht habe, meine Reiseziele genauer durchzulesen und musste feststellen, dass es dort keine Geldautomaten gibt, Travellerchecks sind zwar auch nicht ideal, aber das erste (und wahrscheinlich letzte Mal) hatte ich mir keine Reserve in Reiseschecks mitgenommen. Mir blieb also nur meine eiserne Dollarreserve, Pesos hatte ich so kalkuliert, dass ich bis zur Grenze alles bis auf den letzten Peso ausgegeben hatte. Ich hetzte mich also durch mein Abendessen, ließ einen guten Rest stehen und suchte dann nach einem Geldautomaten, der Dollar ausgab. Ich habe gut zehn Banken versucht, zwei der Automaten gaben auch an, Dollar auszugeben, aber letzten Endes hat es dann doch nicht geklappt. Schließlich habe ich mir doch noch Pesos gesaugt, und wie ich jetzt feststelle, war der Umtauschkurs, den ich dafür an der Grenze bekommen habe, exzellent.

Schild an der Grenze Argentiniens: 5121 km von La Quiaca bis nach Ushuaia
Schild an der Grenze Argentiniens: La Quiaca ist der nördlichste Punkt Argentiniens – Ushuaia die südlichste Stadt Argentiniens, die südlichste Stadt der Welt.

Doch dann lief alles bestens: ich nahm den Nachtbus von Salta nach La Quiaca und kam dort um 6:00 Uhr an. Auf dem Weg durch die dunkle Stadt zur Grenze, war ich froh, meine Machete dabei zu haben, die ich das erste Mal (abgesehen von martialischen Taichi-Übungen) vom Rucksack nahm. Ich weiß weder, ob das Gefühl der Bedrohung begründet war, noch das Gefühl der Sicherheit, das mir das große Messer in der Hand verschaffte. Natürlich hätte ich es nie auf einen Kampf ankommen lassen, aber ich erhoffte mir, dass sich ein Dieb dreimal überlegt, ob er einen Bewaffneten überfällt. An der Grenze musste ich bis sieben auf die Öffnung warten, ging dann auf die bolivianische Seite und hatte fast direkten Anschluss nach Tupiza, wo ich um 9 Uhr ankam.

Mein erster Eindruck von Bolivien: Hey, ich bin in Lateinamerika angekommen! Bis auf die Landschaft hat das absolut nichts mehr mit dem kulturell gesehen vergleichsweise europäischen Argentinien zu tun. Die Busse fallen auseinander, es ist dreckig, die Menschen leben in sehr einfachen, ja leider sehr armen Verhältnissen. Ein Unterschied ist, dass man sich hier im Gegensatz zum reichen Argentinien an die Armut gewohnt hat. Die Bevölkerung hier ist offensichtlich großen Teils indianischer Abstammung und kleidet sich auch so. Die Freundlichkeit ist genauso groß, allerdings zeigt sich die kulturelle Hürde wieder etwas deutlicher.

Noch ein Wort zur Regenzeit: eigentlich müsste es in den Gegenden, durch die ich bisher gereist bin, täglich schütten, aber bis auf gelegentlichen, vorübergehenden Regen ist davon nichts zu spüren, denn dieses Jahr ist glücklicherweise (für mich) ungewöhnlich trocken.

Ich bin in einem kleinen Hotel untergekommen, das das beste seiner Art in der Stadt sein soll und gleichzeitig alle möglichen Unternehmungen anbietet. Und eine der Sachen, die man hier tun kann ist … Reiten. Diesmal ging es richtig zur Sache, wir (zwei Führer, Carmen und Keith, die ich im Hotel kennengelernt hatte, und ich) waren insgesamt 3.5 h unterwegs, wieder durch tolle Landschaften.

Farbige Felsen in der Umgebung von Tupiza
Farbige Felsen – Und das ist noch kein Vergleich zur Gegend von Salta.

Verschiedene Elemente wiederholen sich nun, die Kakteen, die farbigen Berge … aber alles ist immer wieder neu arrangiert und entlockt einem doch immer wieder das eine oder andere “wow” und bringt das Filmmaterial zum durchrasseln. Auf dem Hinweg ging es zwar auch im Schritt, aber die beiden Führer nahmen sich meinen/unseren Wunsch etwas zu lernen sehr ernst und zeigten uns, wie man sich beim Traben bewegen muss und auch den ersten Galopp gab es nach kurzem. Bei einer Schlucht, die mich von den Formen und Farben an eine kleinere Version des mir unbekannten Grand Canyon erinnerte, machten wir eine Pause und Keith und ich sind noch eine halbe Stunde Wandern gegangen. Dann der Rückweg, von Anfang an in forciertem Tempo, einige Traberei (was dann endlich auch einigermaßen funktionierte) und Galopp, bis dahin, dass einer unser Führer mit Keith und mir in VOLLEN GALOPP ging. Oh mein Gott! Hätte mir jemand gesagt, dass ich so schnell über irgendwelche Bergfeldwege rasen würde, wäre ich wohl nie auf das Pferd gestiegen, aber es hat (trotz der damit verbundenen Restangst) SPASS GEMACHT !!!

Rote Felsformationen in der Nähe von Tupiza.
Und seltsame Steinformationen (© Keith Christiansen)

Auch meine weitere Planung hat sich ganz schnell geklärt, denn ich hatte vor, von hier aus nach Uyuni zu reisen, wo es einen der größten Salzseen der Erde zu besichtigen gibt. Man macht aber im Allgemeinen nicht nur das, sondern eine Vier-Tages-Tour mit dem Jeep, sieht aktive Vulkane, Geysire und sonst noch alles Mögliche. Jedenfalls hat sich in diesem Hotel eine Gruppe von fünf Leuten gefunden, darunter Carmen, Keith und ich, die diese Tour nicht von Uyuni sondern direkt von Tupiza ausmachen wollen. Das kostet zwar ein wenig mehr, aber bietet auch quasi ein volles Tagesprogramm mehr als die anderen Touren, die einen Tag mit der Rückreise verschwenden. Tupiza bzw. die Region ist der Ort wo Butch Cassidy und Sundance Kid ihr Ende gefunden haben (sie sind nach einem Überfall auf einen Geldtransport in eine Patrouille von vier Mann gelaufen, nicht wie im Film eine ganze Armee). Unseren ersten Tag werden wir also teilweise auf ihren Spuren verbringen, um dann am letzten Tag (ja, Laura) den Sonnenaufgang über dem Salzsee zu erleben (Alternativ können wir auch den Sonnenuntergang wählen, der genauso imposant sein soll, aber, liebe Laura, ich werde versuchen auf erste Option hinzuarbeiten).

Es ist unglaublich, es sind erst zwei Tage seit dem letzten Bericht vergangen, aber ich werde Euch das jetzt rausschicken, bevor es wieder so eine Monstermail wie beim letzten Mal wird. Außerdem werde ich für die nächsten vier Tage ohnehin nicht zum mailen kommen.

Beste Grüße aus Tupiza, Bolivien

Volker

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