Mit dem Jeep von Tupiza nach Uyuni. San Antonio de Lipez. Ruinas de San Antonio. Lagunen, ein Vulkan, thermale Quellen, Flamingos, Geysire.

Reise­bericht ­Bolivien 2003
Von Tupiza nach Uyuni – Teil 1

23. Februar 2003

Liebe Freunde,

Donnerstag sind wir von unserem Vier-Tages-Trip zurück gekommen, erschöpft, von der Sonne verbrannt und von Eindrücken überflutet.

unsere Reisegruppe mit Jeep und viel Gepäck
Unsere Gruppe und unser Jeep: Vier Tage lang waren wir Selbstversorger, hatten alles dabei, Lebensmittel, Wasser, Kochzeug …

Montagmorgen sind wir um neun gestartet, fünf Passagiere auf den zwei Rückbänken eines Jeeps, unser Führer und Fahrer Gerardo und seine Frau Christina, die für das weibliche Wohl verantwortlich war. Ausgangsort war Tupiza, auf 3000m Höhe, aber das sollte sich bald ändern. Der erste Reisetag verging mit etlichen beeindruckenden Panoramas. Wir schraubten uns Stück für Stück höher und folgten dabei Butch Cassidys und Sundance Kids Flucht, nachdem sei einen Geldtransport überfallen hatten. Bis nach San Vincente, dem Ort wo sie schließlich erschossen wurden, sind wir aber nicht gefahren, da dort außer einem x-beliebigen Friedhof, auf dem sie irgendwo liegen (Grab nicht identifiziert), nichts zu sehen gibt.

Carmen hatte sich gut mit allen möglichen Vorräten eingedeckt, darunter auch eine Tüte Coca-Blätter. Das geht ganz einfach: Man reißt die Stielenden ab und steckt sich eine Portion Blätter zwischen Backe und Zähne. Manche Leute nehmen auch noch Natriumbikarbonat dazu, aber das ist nur dazu da, den Speichel anzuregen, und nicht sonderlich gesund (Ich muss mich hier leider korrigieren, das Zeug ist sogar notwendig, um die Wirkung zu entfalten. Siehe dazu mein Bericht aus La Paz). Die ersten Male wird die Lippe etwas taub und außerdem braucht es, bis man sich an den nicht sonderlich tollen Geschmack gewöhnt hat. Sonst merkt man nichts (Anmerkung: Die aktuellen Unruhen hier in Bolivien, die sich Gott sei Dank zu beruhigen scheinen und auf La Paz beschränkt sind, haben unter anderem damit zu tun, dass der Coca-Anbau auf ein Minimum pro Bauer beschränkt werden soll, also auf den Landesverbrauch, damit kein Kokain mehr hergestellt und exportiert wird, was wiederum mit internationaler Politik und Auflagen des Internationalen Währungsfonds zu tun hat). Mit der Höhe hatten wir trotzdem alle zu kämpfen, sei es ein leichter Kopfschmerz, Atemnot sobald man was tut oder allgemeines Unwohlsein. Aber man gewöhnt sich ja an alles.

Bis zum Abend waren wir auf 4228m gekommen, in dem kleinen Ort San Antonio de Lipez. Trotz der Höhe haben wir es uns nicht nehmen lassen, mit den örtlichen Jugendlichen eine Runde Volleyball zu spielen, was uns richtig Spaß und Chris ordentliche Kopfschmerzen gemacht hat. Ein wunderbarer Sonnenuntergang, Mondaufgang und das Betrachten des Vollmondes und der Sterne haben den Abend abgerundet. Ich bin jetzt glücklicher Besitzer eines Fernglases, denn Priti war so lieb, mir ihres zu verkaufen, da sie am kommenden Samstag nach London zurück kehrt und es in Buenos Aires nicht mehr braucht. Ich sage Euch, dass ich nie wieder ohne reisen werde. Wusstet Ihr, dass das Schwert (zumindest nenne ich es so) im Sternbild Orion nicht aus drei Sternen, sondern aus zwei Doppelsternen und einem Nebel besteht?

drei Baby-Lamas beim Kuscheln
Ein Glücksbild: Drei Baby-Lamas beim Kuscheln. Lamas sind zwar vergleichsweise süß und sehr flauschig, aber leider auch sehr scheu.

Das Reisen im nicht selbstgesteuerten Jeep ist für die Strecke dieser Tour wohl die beste Alternative. Mit einem Leihwagen (müsste ein Allrad sein und man müsste Erfahrung haben) würde man sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verfahren. Trotzdem hat man die Möglichkeit, immer wieder anzuhalten und Photos zu machen. Aber natürlich war es nicht drin, sich soviel Zeit zu nehmen, wie ich das mit Priti getan habe, für jeden Vogel anzuhalten. Wir zwei wären wohl nie angekommen, denn es gibt hier zwar immer noch wahnsinnig abwechslungsreiche Landschaften, aber die Entfernungen dazwischen sind erheblich größer, jeden Tag haben wir ca. 200 km auf übelsten Streckenverhältnissen zurück gelegt. Der größte Teil dieser Hochebene / Gebirges ist Wüste, extrem trocken, aber nicht allzu heiß. Insgesamt waren wir alle sehr angenehm überrascht vom Komfort dieser Reise: Dass der Jeep nur mit fünf statt der möglichen sechs Touristen besetzt war, hat viel ausgemacht, das Essen war gut und die Unterkünfte doch zumindest akzeptabel (auch wenn die Betten wirklich ausgelegen waren). Trotz allem wurde es natürlich nach bis zu 11 Stunden täglich im Jeep eng, ungemütlich und vor allem waren wir abends todmüde.

Am zweiten Tag kamen wir als erstes einige Kilometer weiter an der Geisterstadt Ruinas de San Antonio vorbei. Hier war seit dem 16. Jahrhundert nach Gold und Silber gesucht worden, zur Hochzeit lebten 5000 Menschen dort. Aber der Ort war (zumindest in der Vorstellung der Bewohner) verflucht, der Teufel hatte alles unter Kontrolle, Menschen wurden über Nacht blind oder verschwanden. Es ist wichtig zu wissen, dass für die Menschen hier der Bergbau stark mit dem Teufel verbunden ist, denn der Teufel und die Muttererde sind die Besitzer aller Bodenschätze. Noch heute opfern die Minenarbeiter dem Teufel, damit ihnen nichts passiert. Mehr dazu weiter unten. Jedenfalls wurde San Antonio aufgegeben und die Menschen siedelten nach San Antonio de Lipez um, den Ort wo wir geschlafen haben. Noch heute wird in der Ruinenstadt nach Edelmetallen gesucht, aber übernachten tut dort niemand. Ein Versuch in den 70ern, die Stadt wieder zu beleben, ist gescheitert, die Ruinen der neu erbauten Schule und Kirche zeugen von davon.

Ruinas coloniales de San Antonio
Eine sehr geisterhafte Stadt … Ruinas coloniales de San Antonio (© Keith Christiansen)

Wir sind an einigen kleineren Lagunen und einem passiven Vulkan vorbeigekommen, an die ich mich nicht mehr genau erinnere, denn es ging mir (wohl aufgrund der Höhe) nicht sonderlich gut. Deshalb bin ich auch nicht mit den anderen in den thermalen Quellen (4400m) Baden gegangen, ist dann aber nach einer Kopfschmerztablette besser geworden. Es folgten weitere Lagunen mit den ersten Flamingos, dann einer der Höhepunkte im doppelten Sinne: brodelnde, stinkende Geysire oder besser gesagt Schlammlöcher auf 4955m. So etwas hatte ich noch nicht gesehen und man bekommt auf eine relativ ungefährliche Art und Weise einen Eindruck von der vulkanischen Gewalt der Erde.

rauchende Krater zwischen Tupiza und dem Salar de Uyuni
rauchende Krater (© Keith Christiansen)
brodelnde Schlammvulkane zwischen Tupiza und dem Salar de Uyuni
brodelnder Schlamm (© Keith Christiansen)

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