Reisebericht Peru 2006
Valle Sagrado – Das heilige Tal der Inkas
10.03.2006
Liebe Freunde,
der letzte Bericht endete in Cusco, der ehemaligen Hauptstadt des Inkareiches. Am nächsten Morgen haben wir wieder unser kleines Marschgepäck geschnürt, die großen Rucksäcke im Hotel deponiert und uns aufgemacht, das Heilige Tal der Inkas zu erkunden.
Erste Station war bei dem kleinen Dorf Chinchero, wo es einen netten See gibt (Lago Piuray), um den wir ein Stück gelaufen sind. Die Gegend um den See sieht aus wie das Allgäu: Weiden, Felder, viele Kühe, Berge drumrum.
Dann wieder weiter mit dem Bus und mit einem Colectivo (das ist ein Taxi, ein ganz normaler Kombi, in dem außer dem Fahrer noch neun Passagiere mit Gepäck bis zum nächsten Dorf, Maras gefahren sind). Von Maras aus, haben wir uns eben jenes Taxi gemietet und sind nach Moray gefahren. Moray ist bekannt als das “Laboratorium der Inkas”.
Die Inkas haben sich her eine geographische Besonderheit zu Nutzen gemacht und haben drei Senken, Trichter, der größte ca. 30 Meter tief, rundum mit den bereits beschriebenen Terrassen versehen, um dort wohl hauptsächlich Mais anzubauen. Die Besonderheit dieser Senken ist, dass es aufgrund der Lage und der Sonneneinstrahlung am Boden dieser Trichter bis zu zwölf Grad wärmer sein kann als in der Umgebung. Es gibt sogar Gerüchte, das die Inka die Wände der Trichter mit Gold- und Silberspiegeln versehen hätten, um noch mehr Sonne auf die Felder zu bekommen. Der Theorie nach (und an dieser Stelle sei angemerkt, dass man nur seeeeehr wenig über die Inkas weiß und sehr viel oft umstrittene Spekulation ist) haben die Inkas hier den Mais an die Höhe gewöhnt, ihn so gezüchtet, dass er in den Anden angebaut werden konnte. Ohne Mais, vermutet man weiter, wäre es nie möglich gewesen, in den Anden ein so großes Reich aufzubauen, so viele Menschen (15 Millionen?) zu ernähren. Unser Taxifahrer hat uns ein bisschen rumgeführt und dann noch gewartet, bis wir uns alles angeschaut haben, anschließend hat er uns zu den Salineras gefahren, die ebenfalls von Maras aus erreicht werden.
An diesem Ort gibt es vulkanisch heiße Quellen, die irgendwo im Berg Salzlager durchlaufen müssen und als gesättigte, warme Salzsole ans Tageslicht kommen. Diese Salzsole wird seit Tausenden (?) Jahren in kleine Becken geleitet, von denen es wiederum mehrere Tausend gibt, das Wasser verdunstet und das so gewonnene Salz wird per Hand und Esel abgebaut und abtransportiert. Heute ist das Ganze zwar noch in Betrieb, spielt aber aufgrund der viel einfacheren industriellen Gewinnung von Salz aus dem Meer keine große Rolle mehr. Trotzdem ein schöner und eindrucksvoller Anblick. Der Taxifahrer ist umgekehrt, nachdem er uns zu den Salinen gebracht hat und wir sind durch die Salinen hindurch ein Tal hinuntergewandert und nach ca. einer Stunde wieder an der Hauptstrasse angekommen.
Busfahren ist hier so einfach, wie überall in Lateinamerika (wohl mit der üblichen Ausnahme von Argentinien und Chile), man stellt sich an die Strasse, wartet in der Regel nicht mehr als fünfzehn Minuten, winkt dem Busfahrer und wird mitgenommen, ziemlich egal wo man steht und wie voll der Bus schon ist.
Kurz darauf erreichten wir Ollantaytambo, wo man als normaler Tourist die letzte Einsteigemöglichkeit in den Zug nach Machu Picchu findet. Wer sich Machu Picchu ansehen möchte hat keine andere Wahl, als mit dem Zug dorthin zu fahren, selbst die Wanderer des Inka Trails kommen nicht um ihn herum, denn es gibt keine andere Rückreisemöglichkeit. Die Preise für eine an sich kurze Strecke sind abenteuerlich. Es fällt mir schwer zu beurteilen, ob diese Kosten gerechtfertigt sind oder ob da einfach erheblich Kohle gemacht wird, denn die Strecke führt wirklich abenteuerlich durch die Täler bis zu dem kleinen Ort Aguas Calientes. Doch ich greife mal wieder vor. Diese Zugstrecke wird übrigens von der gleichen (britischen?) Firma betrieben, die auch den Orient Express betreibt.
Ollantaytambo besitzt sehr schöne Ruinen, die wir am Morgen mit einem Führer besichtigt haben. Im Allgemeinen lohnt es sich sehr, ein paar Dollar auszugeben, um einen Führer dabei zu haben, der einem alles erklärt. Allerdings sollte man vorsichtig sein und nicht alles für bare Münze nehmen, denn wie bereits geschrieben weiß man sehr wenig von den Inkas. Die Führer schnappen dann immer wieder das eine oder andere auf, was zumindest fragwürdig oft aber auch schlicht falsch ist (obwohl sich “falsch ” und “spannend ” nicht wirklich ausschließen). Bei den South American Explorers habe ich das Buch “Exploring Cusco” von Peter Frost erstanden, das von Reisenden wohl auch als “Die Bibel” für die Region bezeichnet wird (evtl. werdet Ihr es nur dort kaufen können). Das Buch kann einen Führer nur teilweise ersetzen, andererseits aber helfen, Wahrheit von Dichtung zu unterscheiden, und es nennt viele Details, die den meisten Führern unbekannt sind oder einfach übergangen werden.
An dieser Stelle auch gleich ein Wort zu den Ruinen: Das ist alles sehr eindrucksvoll, aber kaum jemand sagt einem, dass diese Ruinen nicht nur vom Urwald befreit wurden, sondern dass auch oft erhebliche Teile wieder aufgebaut wurden. Das sieht natürlich toll aus, im Spanischen sagt man sogar “poner en valor ” – “wertvoll machen “, aber es bringt auch die Gefahr mit sich, dass die Vorstellung der Re-Konstrukteure die Form beeinflusst hat, dass es vielleicht früher anders war. Ein relativ krasses Beispiel ist dabei in Qoricancha zu sehen, einem Inka-Tempel direkt in Cusco. Hier wurde an einer Stelle ein in den Kolonialzeiten umgearbeiteter Stein (der Fuß einer Säule?) verkehrt herum (!) aufgestellt, so dass er wie ein Altar aussieht, und dann die entsprechende Stelle noch als “Opferraum” ausgewiesen. Sagen tut einem das wiederum niemand, es steht in “Der Bibel”. Jetzt muss ich mich natürlich darauf verlassen, dass diese Infos richtig sind.
Zu den Ruinen selbst werde ich Euch jetzt nicht viel schreiben, denn das Wichtigste ist es wohl, sie vor Ort gesehen zu haben, ein Gefühl für die Sache, den Ort und die Geschichte zu bekommen. Bilder reiche ich Euch nach.
Viele werden es vielleicht ketzerisch finden, aber insgesamt beeindrucken mich die Ruinen der Inkas nicht ganz so wie beispielsweise Tikal, was vielleicht daran liegt, dass diese in der Regel nur knapp über 500 Jahre alt sind. Was allerdings absolut beeindruckend ist, sind die Steinarbeiten Inkas: Steine, die im Extremstfall über 100 Tonnen schwer sind, sind ohne jede Art Zement so genau ineinander gefügt, dass keine Rasierklinge dazwischen geht. Und die Konstruktionen sind so stabil, dass sie hunderte Jahre mit erheblichen Erdbeben größtenteils unbeschadet überstanden haben. Bei einfacheren Gebäuden haben die Inkas aber auch ähnlich gearbeitet, wie das wohl bei uns im Mittelalter gemacht wurde.
Nach gut zwei Stunden in den Ruinen ging es zurück zum Hotel, wo bereits Pferde auf uns warteten. Für ca. fünf Stunden sind wir zu Ross unterwegs gewesen, durch abgelegene und beeindruckende Natur, zu weiteren Inka-Ruinen und auf dem Rückweg noch durch etwas abgelegene Dörfer. Leider waren diese Pferde nicht zu einem Galopp zu bewegen, denn ich wollte eigentlich auch mal wieder das richtige Reiten versuchen (siehe auch Reisebericht Tupiza). Wenn das in Lateinamerika nicht klappt, werde ich mich wohl irgendwann in Deutschland drum kümmern müssen.