Reisebericht Peru 2006
Colca Canyon – Teil 2
An dieser Stelle haben Ingrid und ich die Reisegruppe verlassen und sind allein losmarschiert. Unser Gepäck war zum größten Teil im Hotel in Arequipa geblieben, wir hatten also nur zwei kleine Rucksäcke mit dem Nötigsten dabei. In vier Stunden sind wir ganz langsam und genussvoll bis zu dem kleine Dorf Cabanaconde marschiert, teils auf der fast genauso unbefahrenen wie unbefestigten Strasse, teils zwischen Feldern. Im Hotel hatten wir eine Kopie einer handgezeichneten Karte der wichtigsten Wanderwege des Talabschnitts erhalten, aber beim ersten Teil der Wanderung hat sie uns nicht geholfen, wir haben den gewünschten Weg (wohl kaum mehr als ein Trampelpfad, natürlich ohne Schilder) einfach nicht gefunden. Wann immer ich im folgenden von Wandern schreibe, dann denkt Euch bitte “tolle Landschaft, Wahnsinns-Ausblick” dazu, wenn ich das jedes Mal schreiben würde, dann wäre es arg repetitiv. Wir haben noch einen Condor gesehen, der nur etwa zehn Meter über uns vorbei geflogen ist und dann noch ein paar Kreise gezogen hat.
Mittagessen in Cabanaconde und dann Abstieg über 1.000 Höhenmeter ins Tal zu einer kleinen Oase, wo es aufgrund der besonderen Umstände deutlich wärmer ist als im Rest der Umgebung und wo man in ganz einfachen Hütten übernachtet, ganz einfaches Essen isst und in ganz einfachen Pools das Leben genießen kann.
Strom und Telefon gibt es dort nicht, allerdings sind es nur noch zwei Monate, bis die Stromleitung fertig ist und die Oase und die Dörfer der gegenüberliegenden Talseite Strom erhalten. Noch scheinen sich die drei Eigentümer der “Hotels” der Oase einig zu sein, dass sie in der Oase keinen Strom wollen, dass der Strom die Idylle nur stören würde. Ob sie das durchhalten? Wir waren im “Oasis Paraiso”, dass uns den schönsten Eindruck machte, insbesondere gibt es dort einen sehr gepflegten und großen Garten, wo zwischen Palmen die unterschiedlichsten Tiere grasen bzw. ihren jeweiligen Beschäftigungen nachgehen: Schafe, Maultier, Esel, Alpaka, Hühner, Hunde, Katzen. Außerdem habe ich bisher nirgends so viele Libellen auf einmal gesehen.
Es folgen zwei lehrreiche Lektionen, aufgepasst:
Erste Lektion: Wie unterscheide ich die unterschiedlichen “Anden-Kamelarten”?
Es gibt:
- Vicuñas, die kleinsten, fast wie Rehe aussehenden Vertreter. Sie sind nur in der Wildnis anzutreffen, also nicht domestizierbar und laufen weg, wenn ein Mensch in die Nähe kommt. Nichts desto trotz werden sie einmal im Jahr zusammen getrieben und geschoren, denn ihr hellbraunes Fell gibt die beste Wolle überhaupt.
- Lamas, kennt jeder, weiß jeder wie sie aussehen.
- Alpakas, kennt keiner, sehen aus wie Lamas, haben aber mehr Wolle im Gesicht. Sie geben bessere Wolle als Lamas und schmecken auch besser.
- Guanakos: Sind so selten, dass ich keine Ahnung habe, wie sie aussehen.
Zweite Lektion: Wie verhalte ich mich im Umgang mit Alpakas (gilt sinngemäß wohl auch für Lamas)?
Also, angenommen ein Alpaka steht vor einem, legt die Ohren an, entblößt die Zähne und gibt seltsame Laute von sich. Dann kann man:
a) Dem Alpaka ins Gesicht sehen und fragen “Was hast du denn?”
b) Sich schnell abwenden und auch möglichst zurückweichen.
Ich kann Euch sagen, dass (a) keine soooo gute Option ist. Was folgte, war das berühmte Spucken, das ich mir so aber nicht vorgestellt hatte. Zu meiner Verteidigung möchte ich auch dazusagen, dass ich bisher schon etliche Lamas und Alpakas gestreichelt habe, und nie was passiert ist. Das Spucken war ein grobes Spray von Alpaka-Spucke und halbverdautem, übel riechendem Gras (Wiederkäuer!). Mitten ins Gesicht. Urgh! War das eklig. Anderseits musste ich aber auch lachen und war glücklicherweise ohnehin grad auf dem Weg zur Dusche.